Vor ein paar Tagen habe ich ja darüber geschrieben, was und wer mir in meiner letzten tiefen Krise nicht wirklich geholfen hat. Das soll bitte nicht als Gebrauchsanweisung verstanden werden – schließlich braucht  jeder etwas anderes. Lesen Sie es bitte als Impuls zum Drüber-Nachdenken. Auch dieser Artikel heute ist so und nicht anders gemeint: Was half mir wirklich? Unter anderem als Reaktion auf den vorigen Artikel hörte ich von vielen: Es ist so schwer, richtig zu reagieren, wenn es jemandem schlecht geht. Man will nix falsch machen, ist hilflos … und reagiert dann entweder wie beschrieben mit  hohlen Plattitüden oder vorsichtshalber lieber gar nicht.

Zuallererst: Wenn wir die richtige Art zu helfen suchen, werden wir nie fertig. Es gibt nicht die richtige Art zu helfen, genauso wenig, wie es die richtige Lösung oder die richtige Entscheidung gibt – die eine! Es gibt immer viele oder zumindest mehrere. Wenn wir meinen, die einzig richtige Entscheidung treffen zu müssen – entscheiden wir nie

Also – erster Impuls: Machen Sie es sich nicht unnötig schwer und zermartern Sie sich nicht das Hirn, wie Sie am allerbesten helfen können oder welcher Fettnapf besonders groß wäre. Sie können es nicht wissen – auch wenn Sie noch so intensiv hirnen! Hier jetzt die drei Dinge, die mir persönlich Ende letzten Jahres am allerbesten geholfen haben.

Bitte nicht gleich helfen wollen!

Klar, das ist menschlich: Wenn es ein Problem gibt, wollen wir gleich ne Lösung finden. Wenn es jemandem schlecht geht, wollen wir, dass es ihm doch bitte sofort besser gehen soll. Wenn jemand in einer Krise steckt, soll er doch bitteschön gleich wieder rauskommen können aus dem Loch. Ja, sicher. Nur geht das oft nicht so schnell und so einfach. Manchmal ist es noch nicht an der Zeit.  Und das müssen wir aushalten!!

Wenn es schwer ist, ist es einfach erstmal nur grad sehr schwer. Punkt. Zu mehr ist der Krisengeschüttelte erstmal nicht in der Lage. Und er möchte damit ernst genommen werden – er will gesehen werden! Er braucht grad etwas, was wir ihm so leicht geben können: Er will, dass ich sehe, dass es ihm grad sehr schlecht geht.

Wie eine meiner Leserinnen so wunderbar schrieb: Versuchen wir nicht gleich hektisch, um aufzuhelfen – nein, setzen wir uns erstmal zu ihm auf den Boden. Ein so schönes Bild!

Ja, die Menschen haben mir besonders geholfen, die nicht gleich helfen wollten und konnten. Sondern erstmal nur gesagt oder gemailt haben: Ach Mensch, das ist ja wirklich furchtbar, das tut mir so leid! Mehr brauchts erstmal nicht! Ich fühle mich verstanden und gesehen. Gut!

Fragen Sie doch einfach!

Noch mal zum sich-den-Kopf-zerbrechen: Machen Sie es sich doch leicht! Fragen Sie, was der Leidgeschüttelte braucht! Ganz einfach. Meiner Erfahrung nach (ob privat oder als Coach) wissen die allermeisten ganz genau, was ihnen jetzt helfen könnte, gut tut oder ansteht – auch im größten Leid. Meine Freundin Dagmar sagt immer so schön:

Ich tu gern was für dich. Ich brauch dafür nur klare Anweisungen!

Fragen Sie! Fragen Sie, ob Sie was tun können oder was Sie tun können! Wenn vom anderen erstmal nichts kommt, können Sie immer noch ein paar Dinge vorschlagen, die vielleicht Ihnen gut täten: Abgelenkt werden, bekocht werden, Kino, Besäufnis, gemeinsam spazieren gehen, in den Arm nehmen, Badewanne einlassen, vorlesen, gemeinsam schimpfen, Kissenschlacht, gemeinsam weinen, Hand halten etc. etc.

Ein Kollege von mir tat z.B. ganz genau das richtige: Ich war seit langem mit ihm zum Mittagessen verabredet – just in einer der schlimmsten Krisenwochen. Absagen wollte ich irgendwie trotzdem nicht, also mailte ich ihm, dass es mir saumies geht und ich nicht wirklich weiss, wie das Treffen verlaufen wird. Dies antwortete er … und es wurde ein ganz wunderbarer Mittag (Danke von Herzen nochmal dafür, Franz!)

Wie es wird, sehen wir. Ich bin für vieles offen. Und wenn wir beide still essen. Mein Vorschlag: Jeder macht, wonach ihm in dem Moment ist. Und kommuniziert das am besten, damit der andere Bescheid weiß. Keiner muss für den anderen eine Rolle spielen.

Und noch eine Idee, mit der Sie wirklich helfen können:

Denken Sie an den anderen und zeigen Sie es – einfach so!

Wenn konkrete Hilfe oder ein Gespräch noch nicht dran ist – zeigen Sie dem anderen, dass Sie an ihn denken! Schreiben Sie ihm eine schöne Karte. Legen Sie ihm einen Blumenstrauß oder ein paar selbstgebackene Muffins vor die Tür. Oder mailen Sie ihm einfach einen youtube link zu einem Ihrer Lieblings-Trostlieder. Und stellen Sie bitte im gleichen Atemzug klar, dass der andere nicht zu reagieren braucht .. oder sich gar bedanken muss. Sie möchten nur einfach zeigen: Ich denk an Dich und wünsch dir Gutes!

Gladiolen vom Feld_4

Fazit: Machen Sie es sich leicht. Fragen Sie nach. Seien Sie einfach da. In all Ihrer Hilflosigkeit und Liebe. Seien Sie ein Freund … einer wie dieser:

Ein Freund ist für mich überall dort, wo ein Mensch ist, zu dem ich kommen kann, ohne gefragt zu werden, weshalb ich da bin, der mir Tee anbietet, weil er weiss, dass ich Tee mag, und wo ich bei dieser Tasse Tee schweigen darf.

Danke an alle, die für mich da waren und da sind. Deshalb geht es mir inzwischen wieder viel viel besser – ein Geschenk, solche Menschen bei mir haben zu können!

Es wird wieder hell.

Wolken und Himmel 008