Ende letzten Jahres gings mir richtig, richtig dolle Scheisse! Verzeihen Sie, werter Leser – aber ich kann diese Krise leider in keine politisch korrekten bzw. vornehmeren Worte fassen…das war einfach so. Ich steckte in einem tiefen, dunklen, verzweifelten, ausweglos scheinenden Loch. Mit vielen Tränen, wenig Schlaf, nicht enden wollendem Gedankenkarussel, Herzschmerz … die ganze Palette.
Jetzt gehts mir wieder besser, ich ging raus aus meinem Schneckenhaus und komme wieder gut zurecht mit der Welt da draußen.
Gut geht es mir auch deshalb wieder, weil wunderbare Menschen für mich da waren auf die genau richtige Art und Weise. Bevor ich über eben diese berichte, roll ich das Ganze mal von hinten auf. Und erzähle Ihnen, was in solchen Augenblicken wenig bis gar nicht hilft!
Ja, ich weiss: Es ist nicht einfach, richtig umzugehen mit Menschen, die gerade in tiefen Krisen stecken. Was ist schon „richtig“? Was dem einen hilft, schadet geradezu der anderen. Hier spreche ich selbstverständlich von mir ganz allein – in vielen Gesprächen mit Freunden darüber habe ich aber erfahren, dass es anderen ähnlich geht. Meine Wünsche also, wenn das nächste Mal Ihnen nahestehenden Menschen im tiefen dunklen Loch sitzen:
Keinen Wettbewerb, bitte!
Wenn Ihr Freund erzählt, warum es ihm schlecht geht – ob das nun Liebeskummer, Jobverlust oder Geldnot ist: Nehmen Sie diese Ihnen anvertrauten Details bitte nicht zum Anlass, sofort in größter Ausführlichkeit von Ihren Problemen zu berichten – nach dem Motto: „Ach, das ist ja noch gar nichts! Ich sag dir, als meine Frau mich verlassen hat, da war alles noch viel viel schlimmer, nämlich….!“ Damit zeigen Sie, dass Sie nicht wirklich zugehört haben, dass Sie nicht wirklich da sind für Ihren Freund. Er hat in diesem Moment sicher grad überhaupt kein Ohr dafür, fühlt sich nicht ernstgenommen….und geholfen ist ihm schon gar nicht damit! Bitte. Danke!
„Also, Sie als Frau fürs Selbstbewusstsein müssten doch eigentlich …!“
Nein! Muss ich nicht!
Ja ich weiss: Dieser Ausruf entsprang sicher einer momentanen, spontanen und großen Unsicherheit darüber, wie man mit einer Frau umgeht, die auf die unverfängliche Frage „Wie gehts Ihnen!“ frank und frei antwortet: „Ehrlich gesagt, ganz und gar beschissen.“ Aber diese Schlussfolgerung ist einfach gar zu dämlich. Als ob die Frau fürs Selbstbewusstsein nie Krisen, Probleme und schwarze Tage hätte. Schön wärs! Da müssten wir uns nur alle irgendwie so nennen – die Frau fürs Glück, der Mann für Zufriedenheit, die Frau für den Seelenfrieden und schwupps……nein, so einfach gehts leider nicht. Also – nochmal zum Mitschreiben: Auch die Frau fürs Selbstbewusstsein hat Probleme, kennt die schwarzen Seiten des Lebens…..gerade das macht sie ja vielleicht so authentisch, sie weiss, von was sie redet und schreibt, wenn sie Impulse für Krisenzeiten gibt.
Ungeschlagen an der Spitze der „don’ts“ sind allerdings alle Varianten hiervon:
„Du schaffst das schon! Das wird schon wieder!“
Bitte BITTE streichen Sie diese Sätze allesamt ganz und gar komplett aus Ihrem Wortschatz!! Auch wenn Sie davon überzeugt sind, auch wenn Ihre Freundin oder Ihr Freund das wirklich schon so oft bewiesen hat: In diesem Augenblick möchte ich das nicht hören. Das hat sowas „Wange tätschelndes“, Abwiegelndes und Banalisierendes! In diesem Augenblick gehts mir sehr schlecht und ich glaub grad ganz und gar nicht dran, dass ich das schon schaffe und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es wieder hell wird und leichter und glücklicher in meinem Leben. Und ich brauche keine Floskeln.
Wenn ein 5-jähriges Mädchen herzzerreissend weint, weil das schwarze Knopfauge ihres Lieblingsteddys abgerissen ist, dann sagen Sie doch (hoffentlich!) auch nicht: „Ach komm schon, heul nicht! Das ist doch nur n Knopf, den nähe ich ruckzuck wieder an!“ Sondern Sie nehmen bestenfalls das Kind in seinem Leid sehr ernst und erzählen ihm was von der Teddyklinik und dass Sie da den besten aller Ärzte kennen und so….
Also: Bitte keine leeren, gedanken- und hilflosen Floskeln!!
Dann lieber einfach gar nichts sagen und nur still und innig in den Arm nehmen. Bitte. Danke!
Was hilft Ihnen in Krisen ganz und gar nicht? Mögen Sie berichten – ich würd mich sehr freuen!!
Im nächsten Blogartikel werde ich Ihnen dann erzählen, was mir wirklich geholfen hat.
Ein Text, der mir aus dem Herzen spricht!
Wie schnell sind wir manchmal mit „tröstenden“ Worten, Gesten und Ratschlägen, und wie oft liegen wir damit doch daneben.
Darüber hatte ich mir vor einiger Zeit auch Gedanken gemacht:
http://andijah.wordpress.com/2013/04/05/aufstehen-oder-liegenbleiben/
„In solchen Situationen braucht man jemanden, der sich mit auf den Boden setzt….“
sooo richtig und wunderbar formuliert, Andrea – DANKE für diese Ergänzung! Wenn ich in den nächsten Tagen darüber schreibe, was mir wirklich geholfen hat, wirst du sicher auch einiges wiedererkennen!
Herzlichst Bettina
Liebe Frau Stackelberg,
ich habe Ihren Blogbeitrag auch sehr interssiert gelesen, denn ich bin genau eine von den Kandidatinnen, die von derlei Situationen regelmäßig überfordert sind. Wie reagiere ich richtig? Sage ich was? Wenn ja, an welcher Stelle – und wie viel? Oft beschleicht mich dann das Gefühl, nur sooo knapp vor einem Riesen-Fettnäpfchen zu stehen oder ich sehe in mir den sprichwörtlichen Elefanten im Porzellanladen. Ganz blödes Gefühl!
Deshalb haben mir Ihre handfesten Tipps gerade sehr geholfen für den weiteren Kontakt mit einer Freundin, die mir kürzlich erstmals von ihren aktuellen Depressionsschüben berichtet und mich damit komplett ‚überfahren‘ hat, weil ich bei ihr im Leben nicht damit gerechnet hätte.
Ergänzend füge ich hinzu, was mich in der spontanen Situation gut entlastet hat: Ich habe ihr gesagt, dass ich unroutiniert und recht hilflos im Umgang mit solchen Erkrankungen bin und dass sie mir daher gern und unverblümt sagen darf und soll, wie ich mich nützlich machen kann. Was mich umtreibt ist allerdings die Unsicherheit, ob sie dazu derzeit in der Lage ist …
Liebe Frau Eder,
wie schön, von Ihnen zu lesen – danke für die Offenheit. Am Wochenende kommt mein 2.Teil zum Thema – das, was mir wirklich geholfen hat. Sie werden sehen, das ist gar nicht so weit weg von dem, was Sie zuletzt schrieben! :-)
Ein wunderbares Wochenende Ihnen
herzlichst Bettina Stackelberg
Tolle Informationen. Hier habe ich einige wertvolle Tipps erhalten die sehr hilfreich waren. Danke dafür.
Gruß Anna