Mann, Mann, Mann! Jetzt bin ich wirklich richtig doll erschöpft von soviel Freude, Berührung, Herzensbegegnungen und Applaus (jahaaa, auch sowas kann anstrengen!) – und jetzt soll ich ….nein, WILL ich noch fix einen Blogartikel über meine Eindrücke schreiben, der dann morgen früh den Weg nach Stadelheim findet, damit ihn die Jungs an ihrem allerletzten gemeinsamen Tag noch bekommen und lesen können. Heute war der Abschlusstag des 3.Durchgangs von Leonhard, Unternehmertum für Gefangene!

*schnauf*….

und deshalb wird das jetzt nix Geordnetes, Konzipiertes oder gar die perfekte Geschichte – es ist einfach bunt durcheinander frei vom Herzen geschrieben.

Ich bin soooo stolz auf meine Jungs! (Werter Leser – ich darf die so nennen, ist von ihnen abgesegnet worden und ich fühle mich schon ein wenig als kurze Interims-Mama, die ihnen ein bisschen beim Flügge-werden geholfen hat!).

Über 20 Wochen liegen jetzt hinter ihnen, ein kurviger Weg:

Mit enorm viel Input, vielen spannenden, aber auch mit mühsamen oder langweiligen Themen (eben alles, was zur Existenzgründung so dazu gehört: Zahlen, Steuer, Kalkulation, PR, Kreativitätstraining, Marktanalyse, Zielgruppenanalyse, etc. etc. etc.), 20 Wochen mit vielen verschiedenen Referenten, ätzenden Zeiten des Paukens und nochmal-umschreiben des Businessplans, schlecht gelaunte und fröhliche Zeiten – und schlussendlich ausgesprochen anspruchsvolle Prüfungen und ein klassischer Businessplan Wettbewerb vor einer Jury. Alle haben die Prüfungen geschafft – oft deutlich besser als vermutet, von der Jury haben sie viel Lob bekommen zu ihren Geschäftsideen (und da sind wirklich großartige Ideen dabei – vom Direktimport frischer Pistazien über den Reiterhof für Behinderte und Nichtbehinderte, den Stadtführer mit Herz durch Istambul, das Seniorenschminken bis hin zum Tatoo-Studio und dem PC-Notdienst) …
sogar der großartige Anstaltsleiter von Stadelheim hat sich explizit bei den Teilnehmern bedankt, dass sie so tapfer durchgehalten haben. Ihr habt es geschafft!!

Was ich aber noch viel großartiger und bewegender finde:

Viele von den Jungs haben sich sicher zum ersten Mal in ihrem Leben mit sich selbst beschäftigt und auseinandergesetzt. Haben endlich begonnen, an sich zu glauben! Bekamen teilweise zum ersten Mal vom Gegenüber ein „Klar, ich glaub an Sie“ zu hören, erkannten, dass sie wirklich was bewegen können in ihrem Leben.

Viele von ihnen haben mir bei unserem ersten Treffen gesagt: „Ich glaub an niemanden mehr, auch nicht an mich. Und vertrauen kann ich auch nicht mehr. Spätestens im Knast lernst Du das Mißtrauen als überlebenswichtige Strategie!“.

Vertrauen. Das haben jetzt viele wieder. Oder zum ersten Mal in ihrem Leben.
Vertrauen in die Menschen da draußen, die an sie glauben und die sie auch nach ihrer Haftentlassung als Mentoren weiter unterstützen und pushen.
Vertrauen in sich selbst – Vertrauen darauf, dass sie es schaffen können, da draußen ein gutes Leben zu beginnen. Vertrauen darauf, dass sie sich lösen können aus alten Mustern und schädlichen Bekanntenkreisen. Vertrauen in ihre Fähigkeiten und Talente, in ihr Durchhaltevermögen und ihren Biss, in ihre Leidenschaft und ihr Herzblut.
Und Vertrauen darauf, dass es sich alles zum Guten fügen kann, wenn sie ihren Teil dazu beitragen. (Vielleicht sogar das Vertrauen ins Schicksal oder den guten Stern, unter dem sie jetzt losgehen werden)

Jungs – ich wünsche Euch so viel:

* Das unerschütterliche Vertrauen in Euch selbst.
* Den Mut, diesen Weg weiterzugehen, für den Ihr Euch mit Leonhard entschieden habt.
* Die Gelassenheit und Zuversicht, dass es jetzt gut werden wird.
* Den Fleiß und den Biss, Euer Ding durchzuziehen – auch wenn Krisen, Hindernisse und Täler kommen (oder es mal langweilig wird, sein Leben einfach so unspektakulär und spießig zu gestalten :-)).
* Die richtigen Menschen um Euch herum, die Euch mit Liebe, Vertrauen, Tatkraft, Ideen und der richtigen Mischung aus in-den-Hintern-treten und in-den-Arm-nehmen unterstützen und begleiten.
* Arbeitgeber, Geschäftspartner und Investoren, die Ihr überzeugen könnt, mit Euch zu tun haben zu wollen, die Euch eine Chance geben.
* Ein gutes sich-wieder-zurechtfinden in der Welt da draußen (die manchmal scheußlich, oft aber so wunderbar und bunt und saftig und schillernd auf Euch wartet!).
* Sicherheit und Schutz.
* Die gelungene Balance zwischen Bewegung und Stille.

Ich wünsche Euch einfach ein gutes Leben.

Danke, dass ich dabei sein durfte auf diesem Teil Eures Weges!
Danke für viel Offenheit und Vertrauen, mit dem Ihr mich in Euer Leben und in Euer Herz habt schauen lassen.
Danke für viel gemeinsames Lachen.
Danke für so viel Begeisterung und Enthusiasmus für meine Themen, mit denen ich Euch anstecken durfte.
Danke, dass Ihr Jopens und mich so stolz sein lasst auf Euch.

Werdet erfolgreich im Leben da draußen – erfolgreich in dem Sinne, wie Ihr ganz persönlich Euch ein erfolgreiches, ein gutes Leben vorstellt. Vielleicht wie in diesen Worten?

Was ist Erfolg?
Es hat derjenige Erfolg, der gut gelebt hat, oft lachte und viel liebte.
Der sich den Respekt von intelligenten Männern verdiente und die Liebe von kleinen Kindern.
Der eine Lücke gefunden hat, die er mit seinem Leben gefüllt hat, und der seine Aufgabe und Berufung fand.
Ob entweder durch schöne Blumen, die er züchtete,
ein vollendetes Gedicht, oder eine gerettete Seele.
Dem es nie an Dankbarkeit fehlte und der die Schönheit unserer Erde zu schätzen wusste, und dies auch immer wieder sagte.
Der immer das Beste in anderen sah und stets sein Bestes gab.
Dessen Leben eine Inspiration war und die Erinnerung an ihn ein Segen.
(von Bessie A. Stanley)

Danke, Jungs! Alles Gute, Jungs – und lasst mal was von Euch hören oder lesen, wenn Ihr draußen seid! Ich freu mich drauf! Und heute Abend werde ich anstoßen auf Euch, auf meine großartigen, wunderbaren Jungs!

Herzlichst, Bettina Stackelberg
P.S. Liebe Leser, weiter hinten im Blog gibts die 2 ersten Artikel über mein Herzensprojekt, wenn Sie lesen mögen!